Die Güterstandsschaukel: Steuerfreie Vermögensübertragung und -absicherung

10. September 2024 | Geschrieben von Josephine

Die Freibeträge unter Eheleuten betragen 500.000 €. Wenn Vermögen darüber hinaus übertragen werden soll, fällt Schenkungssteuer an. Doch nicht mit der Güterstandsschaukel!

Die Ehe ist nicht nur ein Bündnis der Liebe, sondern auch ein finanzielles und rechtliches Konstrukt, das mit sorgfältiger Planung erhebliche steuerliche Vorteile bieten kann. Eine besonders interessante Gestaltung ist die sogenannte Güterstandsschaukel, die eine komplett steuerfreie Vermögensübertragung und -absicherung ermöglicht. Wie Sie die Güterstandsschaukel zu Ihrem Vorteil nutzen können, erfahren Sie im Folgenden.

Güterstandsschaukel – Was ist das?

Der Güterstand regelt, wie das Vermögen während der Ehe sowie im Falle einer Scheidung aufgeteilt wird. Häuft ein Ehegatte während der Ehe größere Vermögenswerte an, kann er im Falle einer Scheidung den Zugewinnausgleich fürchten. Der Zugewinnausgleich kann jedoch auch während der Ehe für eine steuerfreie Vermögensübertragung und -absicherung genutzt werden. Möglich ist dies mithilfe der sogenannten Güterstandsschaukel.

Durch die Güterstandsschaukel lässt sich die Hälfte des Zugewinns, der im Rahmen einer Ehe erwirtschaftet wurde, steuerfrei vereinnahmen. Durch notarielle Beurkundung wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft aufgehoben und gleichzeitig der Güterstand der Gütertrennung vereinbart.  Der Ehegatte, der im Laufe der Ehe weniger Zugewinn erzielt hat, erhält einen Zugewinnausgleichanspruch gegenüber dem anderen Ehegatten. Dieser Ausgleich entsteht sonst nur durch die Beendigung der Ehe, also aufgrund von Scheidung oder Tod. Da der Zugewinnausgleich auf andere Weise als durch den Tod des anderen Ehegatten begründet wurde, lässt sich dieser steuerfrei vereinnahmen, § 5 II ErbStG.

Durch die Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruch wird die Hälfte des Vermögens von einem Ehegatten auf den anderen verschoben. Gegebenenfalls wird anschließend von der Gütertrennung zurück in die Zugewinngemeinschafts gewechselt. Folglich wird von einem Güterstand zum anderen „geschaukelt“.

Wann ist die Güterstandsschaukel sinnvoll?           

  1. 1. Schenkung- und Erbschaftsteuer reduzieren

Eine Vermögensübertragung ist grundsätzlich auf zwei Wegen möglich, durch Schenkung unter Lebenden oder durch Erbschaft. Beide Fälle lösen steuerliche Verpflichtungen aus. Soll eine Vermögensübertragung jedoch ohne Beendigung der Ehe stattfinden, ist dies durch eine Schenkung möglich. Ehegatten haben untereinander einen Steuerfreibetrag von 500.000 €, der sich alle 10 Jahre erneuert. Eine Übertragung eines größeren Vermögens würde hingegen Schenkungsteuer auslösen. Die Begleichung der Zugewinnausgleichsforderung durch den Wechsel des Güterstands löst hingegen keinen schenkungssteuerlichen Vorgang aus. Dies ermöglicht eine erhebliche Steuerersparnis und optimiert die Vermögensübertragung zwischen Ehegatten.

Beispiel 1: Thomas und Petra sind seit 20 Jahren verheiratet und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Thomas besitzt aufgrund des Verkaufs seines gutlaufenden Unternehmens ein großes Vermögen von 10.000.000 €, während Petra einen Bankbestand von 1.000.000 € vorweisen kann. Sie überlegen, wie sie einen großen Teil dieses Vermögens auf Petra übertragen können, um diese abzusichern, ohne dabei Schenkungsteuer zahlen zu müssen.

Lösung: Um die Übertragung des Vermögens steuerlich zu optimieren, wechseln Petra und Thomas in die Gütertrennung. Der Wechsel des Güterstands löst den Zugewinnausgleich aus, wodurch Petra nun ein erheblicher Teil des gesamten Vermögens zusteht. Während der Ehe hat Thomas den Großteil des Vermögens aufgebaut. Der erwirtschaftete Zugewinn beträgt 9.000.000 €. Petra steht nach dem Zugewinnausgleich die Hälfte dieses Zugewinns zu, sie erhält nun 4.500.000 €. Nach diesem Ausgleich besitzen beide Ehegatten nun 5.500.000 €. Die Übertragung des Vermögens auf Petra erfolgt im Rahmen des Zugewinnausgleichs und ist daher steuerfrei. Hätte Thomas das Vermögen durch eine klassische Schenkung an Petra übertragen, wäre nur ein Freibetrag von 500.000 € steuerfrei gewesen. Auf die übrigen 4.000.000 € wäre Schenkungssteuer 760.00 € (Nach Freibetrag 4.000.000 €, Schenkungsteuer 19%) angefallen.

  1. 2. Vorbereitung der Vermögensübertragung auf die nächste Generation

Interessant ist die Güterstandsschaukel auch im Hinblick auf die Weitergabe größeren Familienvermögens an die nächste Generation. Kindern können von jedem Elternteil, ebenfalls alle 10 Jahre, Schenkungen oder Erbschaften in Höhe von 400.000 € steuerfrei erhalten. Durch die Güterstandsschaukel können beide Elternteile in die Position gebracht werden, entsprechendes Vermögen aufzuweisen, um die Freibeträge optimal zu nutzen.

Beispiel 2: Wie Beispiel 1. Petra und Thomas haben drei Kinder. Sie möchten nicht nur das Vermögen untereinander aufteilen, sondern auch Teile des Vermögens an ihre Kinder übertragen, um diese und Petra abzusichern.

Lösung: Um das Vermögen zwischen Petra und Thomas gleichmäßig zu verteilen, wechseln sie vom Güterstand der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung. Durch diesen Wechsel löst sich der Zugewinnausgleich aus. Wie im obigen Beispiel haben beide Ehegatten nach dem Zugewinnausgleich 5.550.000 € zur Verfügung. Nach dem das Vermögen unter den Ehegatten ausgeglichen wurde, planen Petra und Thomas gesondert einige Zeit später Ihr Vermögens an ihre drei Kinder weiterzugeben. Jedem Elternteil steht alle zehn Jahre ein Schenkungsfreibetrag von 400.000 € pro Kind zu. Da sie nun beide jeweils 5.500.000 € besitzen können sie folgende Schenkungen vornehmen: Thomas schenkt jedem der drei Kinder 400.000 €, also insgesamt 1.200.000 €. Auch Petra schenkt jedem der drei Kinder 400.000 €, also weitere 1.200.00 €. Ohne den vorherigen Güterstandwechsel hätte Thomas, insgesamt 1.200.000 € an seine Kinder übertragen können. Die restlichen 1.200.000 €, die von Petra hätte stammen sollen, wären steuerlich nicht nutzbar gewesen, da Petra vor dem Güterstandwechsel nur 1.000.000 € besaß.

  1. 3. Kürzung des Pflichtteilsanspruchs im Erbfall

Kinder gehören zu den pflichtteilsberechtigten Angehörigen. Wenn sie per Testament enterbt werden, können sie im Erbfall Pflichtteilansprüche in Höhe der Hälfte ihrer gesetzlichen Erbquote geltend machen. Bei der Reduzierung durch Verschenkung des Vermögens entstehen jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche. Diese reduzieren sich jährlich um 10%, bis nach 10 Jahren keine Ansprüche mehr bestehen. Jedoch bleiben diese Ergänzungsansprüche bei Schenkungen zwischen den Ehegatten dauerhaft bestehen, sodass diese Schenkung zur Reduzierung des Pflichtteils ungeeignet ist. Sollte der eine Ehegatte mit dem größeren Zugewinn einen potenziellen Erben haben, dem bei einer Erbschaft ein Pflichtteil zusteht, kann die Güterstandsschaukel ein Mittel sein, um eben diesen Pflichtteil zu reduzieren. Durch die Umschichtung des Vermögens durch Ausgleich des Zugewinns verfügt der Erblasser über ein geringeres Vermögen, was die Pflichtanteilsansprüche entsprechend senkt.

Beispiel: Wie Beispiel 1. Thomas und Petra haben drei gemeinsame Kinder. Thomas hat zusätzlich ein Kind aus einer früheren Ehe, das nicht in Kontakt zu ihm steht und dass er im Testament nicht berücksichtigen möchte. Um das Erbe ihrer drei gemeinsamen Kinder sowie seiner Ehefrau zu optimieren und die Ansprüche des Kindes aus Thomas´ früherer Ehe zu minimieren, wenden sie die Güterstandsschaukel an. Nach dem Ausgleich besitzen beide Ehegatten jeweils 5.500.000 €. Der Nachlass von Thomas reduziert sich demnach, was die Ansprüche aller Berechtigten, einschließlich des Kindes aus früherer Ehe verringert. Gleichzeitig profitiert Petra bereits zu Lebzeiten von Thomas von einem deutlich höheren Vermögen, was ihr finanziell größere Freiheiten ermöglicht. Auch die gemeinsamen Kinder profitieren langfristig, da Petras Nachlass nun erheblich größer ist und somit mehr Vermögen an sie übergehen wird.

  1. 4. Vermögenssicherung in finanziellen Schwierigkeiten

Die Güterstandsschaukel kann unter bestimmten Umständen auch bei der Vermögensplanung in finanziellen Herausforderungen nützlich sein. Der Wechsel des Güterstandes ermöglicht es, Vermögen zwischen Ehegatten zu übertragen, was in bestimmten Situationen dazu beitragen kann, Vermögenswerte zu sichern. Es ist jedoch essenziell, dass eine solche Maßnahme frühzeitig und sorgfältig mit rechtlichem Beistand geplant wird, insbesondere bevor Verbindlichkeiten auftreten.

Sollte bereits eine Situation mit bestehenden Gläubigeransprüchen vorliegen, könnte der Zugewinn durch bestehende Verbindlichkeiten beeinflusst werden. Zudem ist es ratsam, sich darüber im Klaren zu sein, dass ein Wechsel des Güterstandes, insbesondere wenn er kurz vor oder nach finanziellen Schwierigkeiten erfolgt, eventuell von einem Insolvenzverwalter auf mögliche Motive hin überprüft werden könnte.

Es ist wichtig, die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen und unbedingt rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass alle Maßnahmen im Einklang mit den geltenden Gesetzen stehen. Die Anfechtungsfrist für solche Maßnahmen kann variieren, daher sollte eine umfassende rechtliche und steuerliche Beratung in Anspruch genommen werden, um die beste Vorgehensweise zu bestimmen.

Steuerliche Risiken und Nachteile

Grundsätzlich ist das Modell der Güterstandsschaukel als zulässig anzusehen. Mangelnde Planung oder Sorgfalt können die beabsichtigten Vorteile jedoch vereiteln und darüber hinaus sogar Schaden anrichten. Die Planung der Güterstandsschaukel ist daher mit höchster Sorgsamkeit anzugehen.

So könnte der Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs gemäß § 42 AO erhoben werden, wenn der Wechsel des Güterstands ausschließlich aus steuerlichen Gründen erfolgt, ohne dass ein wirtschaftlicher Hintergrund vorliegt. Die einzelnen Schritte sollten deswegen zwingend in zeitlich auseinanderfallenden und getrennten notariellen Urkunden geregelt werden. Der Ausgleich sollte nach vertraglicher Vereinbarung unverzüglich und vollständig durchgeführt werden, um die Ernsthaftigkeit der Verträge zu untermauern. Eine verbindliche Frist, die vor dem erneuten Wechsel ablaufen muss, gibt es nicht, wir empfehlen jedoch dringend eine Schamfrist zu beachten.

Entscheidend ist zudem, wie der entstehende Ausgleichsanspruch ausgeglichen werden soll. Während Barmittel unkritisch sind, ist bei jeglichen Wirtschaftsgütern (z.B. Wertpapiere, Immobilien etc.) zu beachten, dass der Übergang als Veräußerung angesehen werden kann. Gerade bei steuerverstrickten Wertgegenständen kann dies auf der einen Seite zu ungewollten Steuerfolgen führen, andererseits aber auch positives Gestaltungspotential erbringen. So kann die Übertragung von Immobilien, die sich außerhalb der 10-Jahres-Spekulationsfrist befinden, als steuerfreie Veräußerung gesehen werden und dadurch neues AfA-Volumen genutzt werden. Bei der Übertragung von GmbH-Anteilen oder Aktien kann die Aufdeckung stiller Reserven, also die bisher unversteuerte Wertsteigerungen, zu einer sofortigen Steuerpflicht führen.

Weiter zu beachten

Auch dem Risiko, dass sich der Zugewinn erhaltende Ehegatte plötzlich gegen die erneute Zugewinngemeinschaft entscheiden könnte und es dadurch unerwartet bei der Gütertrennung bleibt, sollten Sie sich dabei stets bewusst sein. Dies könnte unerwünschte finanzielle Folgen haben und die ursprünglichen Ziele der Vermögenssicherung oder -verteilung unterlaufen.

Die Durchführung der Güterstandsschaukel ist zudem mit nicht unerheblichen Kosten und Aufwand verbunden. Neben den Notarkosten fallen zusätzlich Kosten für die rechtliche und steuerliche Beratung an, um die komplexen Aspekte der Güterstandsschaukel zu bewältigen.

Die Güterstandsschaukel ist eine komplexe, aber, soweit richtig eingesetzt, sehr vorteilhafte Methode zur steuerfreien Vermögensübertragung und -absicherung. Sie bietet erhebliche steuerliche Vorteile, birgt jedoch auch Risiken. Eine sorgfältige Planung und professionelle steuerliche und rechtliche Beratung sind unerlässlich, um die Vorteile zu maximieren und die Risiken zu minimieren. Die fehlerhafte Durchführung kann nicht nur die erhofften steuerlichen Vorteile zunichtemachen, sondern auch zu rechtlichen und finanziellen Problemen führen. Bei weiteren Fragen zur Güterstandsschaukel oder zur detaillierten Planung und Umsetzung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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