Steuerfalle: Kinder im Ausland – Die Wegzugsbesteuerung

1. Oktober 2024 | Geschrieben von Josephine

Sie sind Gesellschafter einer GmbH und Ihre Kinder leben bereits im Ausland oder planen einen Auslandsaufenthalt? Dann sollten Sie jetzt die steuerlichen Folgen der Wegzugsbesteuerung im Blick haben.

Für viele junge Menschen gehört ein Auslandsaufenthalt während des Studiums inzwischen dazu. Während der Umzug über die Landesgrenzen hinaus viele neue Perspektiven bietet, kann dieser auch unerwartete Herausforderungen wie die Wegzugbesteuerung mit sich bringen. So werden in einer steuerlich strukturierten Unternehmensnachfolge Unternehmensanteile häufig frühzeitig auf die nachfolgende Generation übertragen. Doch was passiert, wenn Ihr Kind nach dem Studium plötzlich im Ausland bleibt? Oder wenn ein Elternteil unerwartet stirbt? Dann kann das Finanzamt unerwartete Steuerforderungen erheben. Was als wertvolle Erfahrung gedacht war, wird schnell zur steuerlichen Falle.

Grundlagen der Wegzugsbesteuerung                                    

Gerne möchten wir Sie an dieser Stelle auf unseren Artikel „Wegzugsbesteuerung: Steuerliche Herausforderungen beim Wohnsitzwechsel ins Ausland“ verweisen. Die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG setzt voraus, dass der in Deutschland lebende Steuerpflichtige

  • in den letzten 5 Jahren mindestens 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war,
  • in den letzten 12 Jahren mindestens 7 Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war
  • und seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland aufgibt.

Durch die Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland droht die Aufdeckung stiller Reserven. Der Wegzug wird steuerlich so behandelt, als hätte der Gesellschafter seine Gesellschaft verkauft. Der Anteilseigner hat die Steuerlast zu entrichten, obwohl er seine Anteile bei Wegzug nicht verkauft hat.

Wegzugsbesteuerung durch Erbschaft

Doch nicht immer ist ein Wegzug Grund für die Wegzugsbesteuerung. § 6 Abs. 1 Nr. 2 AStG betrifft die unentgeltliche bzw. teilentgeltliche Übertragung auf eine nicht steuerpflichtige Person. Dies umfasst somit die Fälle, in denen Anteile an einem deutschen Unternehmen durch Schenkung oder im Wege eines Erbes an eine im Ausland ansässige Person übertragen werden.  Dass ein Erbfall die Wegzugsbesteuerung auslösen kann, wird von Unternehmern häufig übersehen. Bei Familienkonstellationen, in denen Kinder oder Enkelkinder bereits im Ausland leben, erhält die Wegzugbesteuerung somit unerwartet eine große Bedeutung.

Beispiel: Frau Müller, alleinige Inhaberin eines mittelständischen Unternehmens in Deutschland, hat zwei Kinder. Ihre Tochter lebt in Deutschland, Ihr Sohn hingegen studiert in den USA und plant, dort nach dem Studium zu bleiben. Unerwartet verstirbt Frau Müller, ohne eine Nachfolgeregelung getroffen zu haben. Die Kinder erben je zur Hälfte die Unternehmensanteile. Da ihr Sohn in den USA steuerlich ansässig ist, greift § 6 Abs. 1 Nr. 2 AStG. Die unentgeltliche Übertragung an den im Ausland lebenden Sohn wird steuerlich wie ein Verkauf behandelt, obwohl der Sohn nicht direkt weggezogen ist. Ihr Sohn ist nun mit einer erheblichen Steuerlast konfrontiert, die das Unternehmen selbst möglicherweise nicht in Form von liquiden Mitteln bereitstellt. Auch er selbst kann die Steuerlast nicht aus seinem Vermögen tragen. Frau Müller hätte eine solche Steuerbelastung durch eine frühzeitige Nachfolgeplanung  vermeiden können.

Vorübergehender Aufenthalt im Ausland 

Die Wegzugsbesteuerung kann auch bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten, z.B. zu Ausbildungszwecken, relevant werden. Hierbei sind die Begriffe „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ entscheidend.

  • Wohnsitz: Eine Person hat einen Wohnsitz dort, wo sie eine Wohnung hat, die darauf schließen lässt, dass sie diese behalten und nutzen wird.
  • Gewöhnlicher Aufenthalt: Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo sich die Person nicht nur vorübergehend aufhält. Dies ist grundsätzlich bei einem zeitlichen zusammenhängenden Aufenthalt von sechs Monaten der Fall. Er endet, wenn die Person nicht mehr in Deutschland verweilt und keinen Rückkehrwunsch hat.

Es reicht daher nicht aus, dass eine Wohnung in Deutschland weiterhin zur Verfügung steht. Bei der Bewertung sind vielmehr die Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte im In- und Ausland, die Art der Unterbringung sowie die persönlichen Bindungen im In- und Ausland zu berücksichtigen. Ein Hinweis darauf, dass der Wohnsitz in Deutschland beibehalten wird, kann etwa sein, dass der Auslandsaufenthalt von vornherein auf maximal ein Jahr beschränkt ist und der Wohnsitz zuvor in Deutschland lag. Wird der Wohnsitz wieder nach Deutschland verlegt, kann die Wegzugbesteuerung unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend entfallen.

Nachfolgeplanung: Persönliche Lebenssituation aller Beteiligten sind zu prüfen

Bei der Planung der Unternehmensfolge spielt die persönliche Lebenssituation aller Beteiligten eine entscheidende Rolle. Besonders relevant ist, ob die nachfolgende Generation plant, ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland zu verlegen oder dies bereits getan hat. Ein solcher Schritt kann die Nachfolge sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht beeinflussen.

Viele junge Menschen, die während des Studiums oder später aus beruflichen oder privaten Verbindungen ins Ausland gehen, sind sich dieser Regelung nicht bewusst. Um einen reibungslosen Übergang Ihres Unternehmens in die nächste Generation zu gewährleisten, sollten Sie das Risiko der Wegzugsbesteuerung aktiv in die Nachfolgeplanung aufnehmen und eine derartige Besteuerung durch gute Planung ausschließen. Hierbei ist unabdingbar rechtzeitig ein Testament zu erstellen, das sowohl den Willen des Unternehmers als auch die steuerliche Konsequenzen für die Erben berücksichtigt.

Regelmäßige Überprüfung der gesamten familiären und geschäftlichen Situation ist ebenso wichtig, um auf Veränderungen, wie etwa einen geplanten Umzug ins Ausland, rechtzeitig reagieren zu können. Die Sensibilisierung der Kinder für diese steuerlichen Regelungen und ihre Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge ist von zentraler Bedeutung. Dies hilft, unvorhergesehene steuerliche Belastungen zu vermeiden und den Fortbestand des Unternehmens sicherzustellen.

Ein Umzug ins Ausland kann jungen Leuten viele neue Chancen eröffnen, aber auch erhebliche steuerliche Herausforderungen mit sich bringen. Besonders im Kontext einer Unternehmensnachfolge und unerwarteter Ereignisse wie dem dauerhaften Aufenthalt im Ausland oder plötzlichen Erbschaften ist es wichtig, die steuerlichen Folgen im Blick zu behalten und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Eine sorgfältige Planung kann dabei helfen, unerwartete steuerliche Nachteile zu minimieren und den Übergang ins Ausland reibungslos zu gestalten. Gerne helfen wir Ihnen bei diesem Schritt.

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